Schneewittchen so weiß1 wie Schnee
Philippinischen Tänzerinnen und Tänzern bleibt in der Glückswelt von Disneyland Hong Kong die Rolle des schwarz-weiß gestreiften Zebras in König der Löwen vorbehalten. Schneewittchen, Aschenputtel oder Peter Pan werden hingegen von weißen Darstellern gespielt. Eisa Jocson und Russ Ligtas verleiben sich in Princess die Figur Schneewittchen ein. Sie performen die Disneyfigur, indem sie sich deren Körper- und Sprachskripte aneignen. Damit überschreiben sie nicht nur die eigene Körperlichkeit, die nicht den westlichen Körperbildern entspricht, sondern stülpen auch jene Schönheitsideale um, von denen ihre Körper bis dahin ausgeschlossen waren.
Für die Schneewittchen-Bilder standen in den Disneystudios Tänzerinnen Modell, um der Figur ein menschlicheres, gefühlsbetonteres Auftreten zu verleihen. In einem kannibalischen Akt bemächtigen sich Jocson und Ligtas nun der Sprach- und Körperskripte des Filmklassikers. Der Übertragungsprozess wird so erneut auf Tänzerkörper übersetzt. Dabei sezieren die beiden philippinischen Performer*innen typische Worte und Bewegungen der Figur und setzen sie in ungewohnt fragmentierter Weise neu zusammen. Damit werden auch die Mutationen der Unterhaltungsregime sichtbar. Die Dramaturgien Disneylands, die im Alltag als zugleich besonders und gegeben empfunden werden, stellen sich als Manipulation heraus. Überschrieben von den hybriden Körperlichkeiten der Performer*innen dringen vorprogrammierte Erzählungen von Anmut, Weiblichkeit und Glück durch. Das Darstellen dieser Glücksversprechen wird als Arbeit kenntlich und das seltsam unterhaltsame Erleben beim Zusehen lässt an weitere Formen moderner affektiver Arbeit denken, die beispielsweise im Dienstleistungssektor vermehrt nachgefragt ist.
1Gemäß einer Praxis der kritischen Weißseinsforschung übernehme ich hier und im Folgenden die Kursivschreibung des Begriffes weiß, um so auf dessen Konstruktcharakter zu verweisen. Siehe: Maureen Maisha Eggers/Grada Kilomba/Peggy Piesche/Susan Arndt (Hgnn.): Mythen, Masken und Subjekte. Kritische Weißseinsforschung in Deutschland, Münster, 2005.